Was genau sind eigentlich BCAAs und wofür werden sie verwendet? In diesem Beitrag erfährst du alles, was du über BCAAs wissen musst. Außerdem klären wir, wann und ob BCAAs sinnvoll sind, um den Muskelaufbau zu optimieren. Dafür vergleichen wir BCAAs mit EAAs und Whey-Protein.
Als BCAAs werden die drei essenziellen und proteinogenen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin bezeichnet. Sie sind äußerst wichtig für den Muskelaufbau, da sie die Proteinsynthese anregen, und finden sich in allen tierischen Produkten (Whey, Fleisch, Fisch). In Bezug auf Nahrungsergänzungsmittel gilt Whey > EAAs > BCAAs. Nur in bestimmten Situationen sind BCAAs ihr Geld wert und sollten Whey oder EAAs vorgezogen werden.
Was sind BCAAs?
BCAAs sind mittlerweile basierend auf ihrer vermeintlichen anabolen Wirkung durch die Erhöhung der Proteinsynthese ein Multimillionen-Dollar-Geschäft. Dabei sind BCAAs längst nicht mehr nur Profis vorbehalten. Auch in der Fitness-Community sind BCAAs in aller Munde.
Dass BCAAs ein beliebtes Supplement aus dem Bodybuilding sind, weißt du daher vermutlich bereits. Eine gewisse Verwandtschaft zu den Proteinen erahnst du möglicherweise auch schon.
Viel haben BCAAs mit Proteinen aber nicht mehr zu tun, denn BCAAs (Englisch für Branched-Chained Amino Acids) bestehen lediglich aus den drei verzweigtkettigen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin.
Verzweigtkettig? Ist das ein Wort?
Das Wort gibt es wirklich, ja. Ich möchte dich aber nicht mit der chemischen Bedeutung dieses Wortes langweilen. Wichtig zu wissen ist aber, was Aminosäuren eigentlich sind.
Proteinogene Aminosäuren
Proteinogene Aminosäuren sind die chemischen Verbindungen, aus denen Proteine bestehen.
Wenn Proteine eingenommen werden, werden sie vom Körper zunächst verstoffwechselt. Die Proteine werden also in einzelne Aminosäuren aufgeteilt und verdaut, um vom Körper aufgenommen werden zu können.
Es gibt insgesamt 22 verschiedene Aminosäuren, die in Kombination miteinander alle Proteine im menschlichen Körper ausmachen.
Zusätzlich gibt es auch noch viele weitere Aminosäuren, die jedoch nicht für den Aufbau von Proteinen benötigt werden.
Alle lebenden Organismen bauen auf Aminosäuren auf. Sie sind also verdammt wichtig für uns, nicht nur um Muskeln aufzubauen.
14 von diesen 22 Aminosäuren können wir selbst synthetisieren, also mit eigenen Mitteln aufbauen. Es verbleiben aber insgesamt 8 sogenannte essenzielle Aminosäuren.
Diese können wir nicht selbst aufbauen und müssen sie daher über die Nahrung aufnehmen, um zu überleben.
Zu den 8 essenziellen Aminosäuren gehören
- Isoleucin
- Leucin
- Valin
- Lysin
- Methionin
- Phenylalanin
- Threonin
- Tryptophan
Diese 8 essenziellen Aminosäuren werden als „EAAs“ verkauft, was für die englische Übersetzung „Essential Amino Acids“ steht. EAAs sind für viele Menschen das sinnvollere Supplement im direkten Vergleich mit BCAAs – ich habe dazu bereits einen ausführlichen Blogbeitrag geschrieben. Dort gehe ich noch einen Schritt weiter und kläre die Frage, ob EAAs Whey ersetzen können.
Aber weiter im Text.
3 dieser 8 essenziellen Aminosäuren (EAAs) sind sogenannte verzweigtkettige Aminosäuren. Dazu gehören wie bereits erwähnt Valin, Leucin und Isoleucin.
Diese 3 Aminosäuren sind mit dem Ausdruck „BCAA“ gemeint. Sie können problemlos über die Nahrung aufgenommen werden und sind sowohl in Molkenprotein (Whey) als auch in EAAs bereits enthalten.
BCAAs sind jedoch auch isoliert erhältlich – das hat auch durchaus einen plausiblen Grund.
BCAAs und das enthaltene Leucin
Unter anderem liegt der Grund darin, dass BCAAs viel Leucin enthalten. Leucin ist von besonderem Interesse, da es die Proteinsynthese von allen Aminosäuren nachweislich am meisten stimuliert (Garlick & Grand, 1988).
Von allen Aminosäuren scheint Leucin sogar beinahe alleine dafür verantwortlich zu sein, den Proteinstoffwechsel zu stimulieren (Stipanuk, 2008).
Jetzt denkst du dir vielleicht „warum brauche ich dann Valin und Isoleucin überhaupt und nehme nicht gleich isoliertes Leucin?“
Hier kommt das Hauptargument für BCAAs: Die Supplementierung allein mit Leucin führt dazu, dass sich die Konzentration von Valin und Isoleucin deutlich reduziert. Um diesem Abfall zu verhindern, sollte Leucin immer mit Valin und Isoleucin eingenommen werden (Balage & Dardevet, 2010).
Davon abgesehen ist die alleinige Einnahme von Leucin ist noch nicht gut belegt und teilweise gibt es widersprüchliche Ergebnisse.
Man kann also noch keine uneingeschränkte Empfehlung für Leucin aussprechen.
Es gibt aber sogar noch einen weiteren Grund, der gegen isoliertes Leucin spricht: In einer randomisierten Doppelblindstudie aus dem Jahr 2008, wurden 30 Männern entweder BCAAs, Leucin oder ein Placebo vor und nach dem Training verabreicht. Es stellte sich heraus, dass die Proteinsynthese in der BCAA-Gruppe auch einige Stunden nach der Einnahme der BCAAs noch deutlich erhöht war. Dies war bei isoliertem Leucin nicht der Fall (La Bounty et al., 2008).
Ihr seht also, wir verstehen die Prozesse im Körper noch nicht 100%ig. Was wir aber wissen ist, dass BCAAs wirken und dass sie die Proteinsynthese anregen.
Aber ist die Wirkung wirklich einzigartig und sind BCAAs anderen Supplements überlegen?
Schauen wir mal etwas genauer hin.
Welche Vorteile BCAAs für Kraftsportler bieten: Theorie vs. Praxis
Zahlreiche Untersuchungen an Tieren und Menschen haben gezeigt, dass sowohl der Verzehr von allen essenziellen Aminosäuren zusammen (EAAs) oder BCAAs an trainingsfreien Tagen oder nach körperlicher Anstrengung die Protein-Biosynthese erhöht, den Muskelproteinabbau verringert oder beides (Borsheim et al., 2002; Tipton & Wolfe, 2003).
Eine erhöhte Proteinsynthese bedeutet, dass mehr Proteine aufgebaut als abgebaut werden. Nur wenn die Muskelprotein-Bilanz positiv ist, kannst du Muskeln aufbauen.
Deutlich weniger Studien wurden jedoch mit erfahrenen Kraftsportlern durchgeführt. Eine interessante Arbeit konnte ich dazu jedoch finden: Die 8-wöchige Studie von Stoppani et al. (2009).
In dieser Untersuchung supplementierten erfahrene Kraftsportler acht Wochen lang entweder 14 g BCAA, 28 g Whey Protein oder 28 g eines Placebos. In der gesamten Zeit wurde regelmäßig trainiert.
Nach 8 Wochen Training hatte die BCAA-Gruppe eine Zunahme der fettfreien Masse um 4 kg, eine Abnahme des Körperfettanteils um 2% und eine Zunahme von 6 kg beim Bankdrücken mit maximal 10 Wiederholungen.
Alle Veränderungen waren im Vergleich zu den anderen Gruppen signifikant besser.
Klingt ja wirklich, als wären BCAAs durchaus ein sinnvolles Supplement.
Und ja, aus damaliger Sicht konnte mit gutem Gewissen bestätigt werden, dass BCAAs die Proteinsynthese genauso gut stimulieren wie ein breiter Mix aus allen Aminosäuren oder EAAs und dadurch den Muskelaufbau fördern (Helms, Aragon & Fitschen, 2014).
Es gibt aber ein großes Aber!
Alle EAAs für die Maximierung der Proteinsynthese notwendig
In der oben erwähnten Studie aßen die Probanden bereits eine proteinreiche Ernährung. Es waren also zum Zeitpunkt der Einnahme bereits ausreichend EAAs im Körper vorhanden.
BCAAs allein, ohne die anderen EAA, bieten jedoch nur einen Teil der Grundlage, die für die Proteinsynthese benötigt wird.
Das bedeutet, dass BCAAs zwar wirken, aber die Muskelproteinsynthese nicht maximieren. Weil andere EAAs fehlen, ist die Reaktion kleiner als bei der Einnahme von ähnlichen Mengen von BCAAs als Teil eines Whey-Proteins (Balage & Dardevet, 2010; Jackman et al., 2017).
Die Verfügbarkeit von EAAs sind der begrenzende Faktor für die Stimulierung einer maximalen Muskelproteinsynthese bei der Einnahme von BCAAs (Jackman et al., 2017).
Dies geht so weit, dass einige Autoren sogar zu dem Schluss kommen, dass BCAAs sogar einen muskelabbauenden Prozess auslösen können.
Werden BCAAs alleine konsumiert, fehlen die anderen 6 EAAs. Da diese für die Proteinsynthese benötigt werden, werden unter Umständen andere Proteine abgebaut, da dies die einzige Möglichkeit ist, an die fehlenden EAAs heranzukommen (Wolfe, 2017).
Die Studie schlussfolgert, dass BCAAs die Muskelproteinsynthese sogar reduzieren, wenn nicht alle anderen EAAs bereits ausreichend verfügbar sind.
Wann BCAAs in der Praxis sinnvoll sind
Damit BCAAs also wirklich muskelaufbauend wirken, müssen bereits alle EAAs dem Körper zur Verfügung stehen.
Ohne das volle Spektrum an Aminosäuren können BCAAs nicht so wirken, wie wir uns es wünschen (Jackman et al., 2017; Sousa Santos & Lopes Nascimento, 2019). Fehlen die anderen EAAs, kann die Einnahme von BCAAs sogar eine katabole Wirkung haben (Wolfe, 2017).
Eine BCAA-Supplementierung ist folglich zum Beispiel bei einer vegetarischen Ernährung sinnvoll, da hier der Verzehr von hochwertigen Proteinen eher gering ist (Linsen, Erbsen, etc.). Vegetarier (und Veganer) können vermutlich am meisten von BCAAs profitieren (Helms, Aragon & Fitschen, 2014). Falls du veganes Proteinpulver nutzt, kann ein Scoop BCAAs dieses ebenfalls aufwerten.
Alternativ können BCAAs auch direkt nach dem Training konsumiert werden, um die Proteinsynthese anzukurbeln.
Aber auch hier stellt sich die Frage, ob nicht die Einnahme von EAAs die bessere Wahl darstellt. Schließlich wirken BCAAs ohne das volle Spektrum an EAAs nicht effektiv. Auch mit EAAs kannst du „schlechtere“ Mahlzeiten aufwerten, beziehungsweise das Aminosäure-Profil optimieren.
Falls du jedoch kein Veganer bist, sind EAAs eigentlich auch nur dann wirklich sinnvoll, wenn du zu wenige Kalorien übrighast, um einen Whey-Shake zu trinken. Denn außer weniger Kalorien zu haben, haben EAAs und BCAAs im Vergleich zu Whey keine Vorteile.
Fazit
BCAAs wirken. Vor allem das erwähnte Leucin ist eine sehr wichtige Aminosäure. BCAAs müssen zur Verfügung stehen, um neue Zellen aufzubauen. Ohne BCAAs geht nichts. Isolierte BCAAs als Supplement wirken jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen so, wie wir es uns wünschen.
Prinzipiell erreichst du maximale Wirkung auf billigere Weise mit Whey.
Wenn du nicht akribisch auf deine Kalorienzufuhr achten musst, oder auf tierische Produkte verzichtest, solltest du Whey BCAAs (und EAAs) immer vorziehen.
Mit Whey bist du immer auf der sicheren Seite.